Geist?

Immer im Gespräch – aber nie entdeckt.

Um sich seiner selbst zu vergewissern, nahm der neuzeitliche Mensch seine Zuflucht zu seinen Gedanken. „Ich denke, also bin ich.“ Dieses Axiom, das wahrscheinlich die kurz gefasste Schlussfolgerung aus einer Vielzahl von Erlebnissen des René Descartes gewesen sein duerfte, wurde in vielfaeltigster Weise von unterschiedlichsten Dichtern und Wissenschaftlern – Philosophen einschließlich – und den diese menschliche Spezies hervorbringenden Jedermaennern – und Jederfrauen zahlreicher Generationen als das angesehen, das einen deutlichen Unterschied zwischen Menschen und anderen Lebewesen machte.

Die alten Griechen koennen irgendwie als Erfinder von ‚Geistigem‘ gelten. Sie waren jedoch weniger versessen darauf, ein ‚unsichtbares Ding‘ mit Substanz und Essenz zu schaffen. Sie waren – wie  auch Dorothea Frede* meint – wohl viel mehr an dem Zusammenhang zwischen  ‚denken‘ und ‚wahrnehmen‘ interessiert. Erst spaeter interpretierte Augustin Thagaste mit anderen griechisches ‚philosophieren‘ in diesem Sinne.  Dass er in diesem Zusammenhang behauptete, die Griechen haetten bereits Vergleichbares in Ansaetzen unternommen, hat sich ungluecklicherweise im Lauf der Jahrhunderte zu ‚Wissen‘ ausgewachsen und philosophiegeschichtliche Sichtweisen begruenden helfen, die wir nur unter Schwierigkeiten revidieren koennen.

* Vgl. Dorothea Frede: Sensus Communis und ‚Synaesthetik‘ bei Thomas von Aquin. In: Hans Adler (2002): Synaesthie. Wuerzburg (Koenigshausen & Neumann), S. 149f.  Bei Google-Buch auszugsweise veröffentlicht und die Stellen zu finden.

Ich gehe von einer anderen Einschaetzung aus, die sich aus meinem ‚philosophieren‘ ergibt: Die Griechen koennten ‚Geist‘ als eine von vielen Moeglichkeiten der Woerter aufgefasst haben, die im gastfreundlichen Kreis mit anderen gemeinsam jeden einzelnen zu Intuitionen anregten, sobald sie jemandem ueber die Lippen kamen. Platons Einfaelle, Ideen, vorgeburtliche Existenz und Metaxy ins Gespraech zu bringen, und damit ‚Geist‘ mit Inhalt zu fuellen, koennen aus meiner Sicht gleichfalls als symposiale Dichtungen angesehen werden.

Auf jeden Fall fahren wir – so meine ich – besser damit, es so zu sehen, als davon auszugehen, die Griechen haetten da etwas entdeckt, ueber das wir verfuegen und mit dessen Hilfe sich so ‚handeln‘ ließe, dass es funktionieren koennte. Wir sollten uns auch nicht davon verwirren lassen, dass in unserem Kulturkreis schon so lang und mit UEberzeugung fuer ‚Geist‘ und gegen ‚Koerperliches‘ gestritten wird. Beide Theorien koennen von immer weniger Menschen – auch Wissenschaftlern – nutzbringend gebraucht werden. Wie Kinder sollten wir uns von den Loesungen unserer Eltern verabschieden, um Herz und Kopf frei zu haben, fuer diejenigen, die unserem eigenen Leben nuetzlich sein koennen.

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